Süddeutscher Journalistentag
Auf Augenhöhe mit Medienprofis - Journalistentag mit 250 Besuchern großer Erfolg
1. Süddeutscher Journalistentag 2006 in Fulda
1. Süddeutscher Journalistentag 2006 in Fulda
DJV-Landesverbände veranstalten erfolgreichen Journalistentag. Vielfältiges Programm mit Foren zu Bild, Sprache, PR und mehr. Positives Feedback.
Zwölf prominente Medienprofis mit so klangvollen Namen wie Werner Hansch (Sat.1-Kommentator-Legende), Bastian Sick ("Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod") oder Prof. Horst Dieter Schlosser ("Unwort des Jahres"), elf Foren zu 13 verschiedenen Themen, 20 Aussteller auf dem Marktplatz - dieses Angebot machten die DJV-Landesverbände Bayern, Hessen, Thüringen und Rheinland-Pfalz bei ihrem gemeinsamen Journalistentag am vergangenen Samstag im Fuldaer Kongresszentrum "Esperanto". Und das Interesse war groß: aus vier Ländern kamen knapp 250 Journalisten - und waren über die Vielfalt des Angebotes sichtlich überrascht und angetan. Ein Ergebnis stand am Nachmittag auch fest: es soll auf jeden Fall in Zukunft weitere Journalistentage dieser Art mit wechselnden Standorten geben.
Journalisten aller AIters- und Erfahrungsstufen interessieren, Berufsneulinge ansprechen und mit alten Hasen in Kontakt bringen, Könner weiterbilden, Startern eine Ausgangsplattform bieten sowie medienübergreifende Dialoge und Diskussionen anstoßen - oder einfach "nur" über den gemeinsamen Beruf informieren: diese Idee - angestoßen übrigens durch einen Antrag des DJV-Ortsverbandes Fulda - kam auf der erstmaligen und kostenlosen Veranstaltung gut an.
Denkfabrik für gute Ideen und spannende Interpretationen
Die Esperanto-Halle verwandelte sich in eine "Denkfabrik für gute Ideen und spannende Interpretationen" bei diesem 1. Journalistentag in Fulda. Messe und Dialog - das Konzept des Journalistentages 2006 hatte zwei Standbeine: Zum einen gab es Foren zu den Themen "Bild", "Sprache", "PR", "Sport", "Boulevard" und "Existenzgründung" mit Kurzreferaten und teilweise sehr heftigen Diskussionen. Kein Wunder, denn als Hauptakteure dieser Foren waren prominente Persönlichkeiten der Medienszene anwesend, deren Namen automatisch mit den jeweiligen Forums-Themen in Verbindung gebracht werden. Dabei lautete die Devise: Dialog statt Vortrag, denn die "Promis" referierten nicht nur zu "ihren" Themen, sondern diskutierten mit den Gästen "auf Augenhöhe".
Besonders gut kam auch "Standbein Zwei" des Journalistentages an: ein "Marktplatz", auf dem sich Institutionen, Unternehmen und Verbände präsentierten, die Journalisten einen wirklichen Mehrwert zu bieten hatten. Das reichte von der Akademie der Bayrischen Presse, Friedrich-Ebert-Stiftung und Haus Busch, das DJV-Bildportal und die DJV-Verlags- und Service GmbH, der DJV-Ortsverband Kassel und COM.BOX-WINET, als Sponsoren die Firmen Olympus, Vodafone, Cancom, Quark XPress sowie die Deutsche Bahn und als Hauptsponsor der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen.
Diskussion, Kennenlernen, Erfahrungsaustausch - und alles in offener Form
Prof. Dr. Norbert Kleinheyer, der Verbandsgeschäftsführer des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen, hob die länderübergreifende Konzeption des Journalistentages positiv hervor. "Dies erweitert die Möglichkeiten des Erfahrungsaustausches untereinander und bietet vielfältige Gelegenheiten des Kennenlernens und der Diskussion", erklärte er. Der Journalisten!ag in Fulda sei eines von zahlreichen Beispielen für die Präsenz und das Engagement der Sparkassen und ihrer Verbundunternehmen. In den Bereichen Wirtschaft, Kultur, Kunst, Soziales und Sport unterstreiche die Sparkassen-Finanzgruppe damit, dass sie sich dem öffentlichen Auftrag verpflichtet fühle. Sie leiste - so Prof. Kleinheyer bei einem Pressegespräch - auf diese Weise einen besonderen Beitrag zur Stärkung der Wirtschaftskraft, zur kulturellen Vielfalt und zur sozialen Balance in Deutschland.
Was besonders gut ankam, war die Konzeption dieses Journalistentages - alles in einer großen Halle, keine verwinkelten Gänge oder Extra-Vortragsräume, in die man - oder frau - sich nach Beginn eines Forums nicht mehr hineingewagt hätten. Die drei Diskussionsforen waren - durch Stellwände getrennt - verteilt und wer wollte, konnte zwischen den Foren oder "Marktplatz"-Ständen permanent wechseln. Ein Treffpunkt-Cafe mittendrin unterstützte dieses Konzept, das weitgehend auf Zustimmung stieß. Eher problematisch war allerdings die Akustik: wer nicht direkt vor einem Lautsprecher saß, hatte gewisse Hördefizite. Hier müßten bei weiteren Journalistentagen auf jeden Fall Verbesserungen erfolgen. Auch die "Abschirmung" der Foren ist verbesserungsbedürftig. Doch solche Erfahrungen schmälern in keiner Weise den Erfolg dieses Tages, der nach Meinung sehr vieler Journalistinnen und Journalisten eine Fortsetzung finden sollte.
Lebhafte Debatte zum Thema Bildjournalismus und Berufsfotografen
Unbestritten ist: Fotos werden im Journalismus immer wichtiger. Die FAZ soll noch vor 10 Jahren lediglich 20 % der Fotos veröffentlicht haben, die man heute dort findet. Umstritten waren dagegen im Forum Bild des Journalistentages 2006 in Fulda die Fragen: Woher sollen diese Fotos kommen? Können nur Berufsfotografen die erforderliche Qualität liefern oder kann nicht auch der schreibende Reporter „mal eben ein Bild mitbringen? Und muss überhaupt jemand aus der Redaktion beauftragt werden oder ist es nicht genauso gut, auf Agenturfotos – die doch in den letzten Jahren erheblich besser geworden sind – zurückzugreifen? Und warum passiert es eigentlich, dass aus der Flut von manchmal 10.000 Fotos, die täglich in den Redaktionen einlaufen, verschiedene überregionale Zeitungen exakt das gleiche Bild als Aufmacher wählen? Ist das der Beweis für eine „allgemeingültige Ikonographie“, wie nicht nur Eberhard Wolf von der Süddeutschen Zeitung überzeugt ist?
An diesem Punkt war er sich durchaus einig mit seinem Diskussionspartner, Wolfram Steinberg, ehemaliger Fotochef von AP in Frankfurt. Dieser war in Vertretung von Anja Niedringhaus gekommen, Pulitzer Preisträgerin 2005, die von ihrem aktuellen Auslandsfotoeinsatz nicht rechtzeitig hatte zurück sein können. Außerdem mit auf dem Podium: Harald Henn vom Hessischen Rundfunk, der überzeugend die veränderten Berichterstattungsbedingungen mit der kleinen Kamera der Videojournalisten – kurz:VJ, Vijey gesprochen – schilderte. Der Begriff Qualität wurde von ihm eindeutig durch „Emotionalität durch Nähe erzeugen“ bestimmt, Qualitätsverlust sei dabei einkalkuliert.
Das Publikum reagierte am stärksten auf die Diskussion über den Qualtitätsverlust im Bild durch fotografierende Text-Journalisten. Mehr als einer der anwesenden Journalisten war davon betroffen, und stellte die Frage, wie man dieser Dauerüberforderung begegnen könne. Fortbildungen sowie das Einbeziehen von Fotografie in die Volontärsausbildung wurden als Lösungsansatz genannt. Merkenswert aber auch die Erinnerung: Schlechte Fotos bedeuten nicht nur, dass die Fotos nicht gerne betrachtet werden, sondern auch, dass das Auge des Lesers nicht auf den Artikel gezogen wird. Deswegen sollte dem Autor selbst daran gelegen sein, insbesondere Eye-catcher-Bilder von guter Qualität für seine Beiträge zu bekommen.
Im ganzen wurde die Tendenz zum „Ein Journalist für alle Fälle“ zurecht mit sehr kritischem Auge betrachtet. Aber ob noch jemandem aufgefallen ist, dass die Moderation von der Berufsfotografin Heike Rost gemanagt wurde? Das angenehme und unkomplizierte „Wildern“ der Moderatorin im Ressort Wort war allerdings eher ein Beweis dafür, dass die vielzitierte eierlegende Wollmilchsau doch manchmal zurecht ihren verschiedenen Berufungen nachgeht.
Das Verhältnis von Public Relations und Journalismus
Wie weit PR inzwischen den Journalismus beeinflusst, ob Pressemitteilungen neutral als Informationsquelle dienen oder ob sie eher negative Auswirkungen auf die Inhalte eines Mediums hat, wurde auf dem Forum PR heftig diskutiert. DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken erläuterte, PR gelte undefiniert erst einmal als aggressiv. Daher plädiere er für eine genaue Definitionen der einzelnen Formen des PR sowie eine klare Abgrenzung gegenüber dem Marketing.
Dirk Metz, Sprecher der hessischen Landesregierung, unterstrich dies und zeigte auf, wie notwendig es sei, Informationen über politische Themen an die Bevölkerung weiterzugeben. Wie der Journalist diese Informationen verarbeite, sei jedoch vielfältig. Gernot Brauer von K.Lab forderte sorgfältige weiterführende Recherche in der Redaktion, wenn Informationen aus einer Pressemitteilung stammten. Volker Angres, Reaktionsleiter von ZDF Umwelt unterstrich, dass der Großteil der Ideen aus der eigenen Redaktion stamme, und generell Informationen von außen gründlich überprüft würden.
"Forum Sprache" mit Bastian Sick und Prof. Schlosser "der Renner"
Zu literarisch-stillistischen Höhenflugen schwangen sich die beiden Sprachkritiker Bastian Sick von Spiegel-Online sowie Professor Dr. Horst Schlosser Höhenflügen in ihrer Kritik an Stilblüten der deutschen Sprache auf. Während Bastian Sick von Spiegel Online eine bessere Ausbildung der Journalisten forderte, und anregte, zum Einstellungstest doch etwa ein Diktat zu schreiben, warnte Schlosser mit Blick auf die Bildung der Bevölkerung in der Geschichte vor zu viel Kulturpessimismus. „Diejenigen, die heute die Bild-Zeitung lesen, hatten Vorfahren, die noch nicht mal ihren Namen schreiben konnten“.
Mehr Platz für persönliche Kontakte
In ersten Reaktionen der Besucher aus den vier Bundesländern wird die Konferenz als "sehr gelungen" bezeichnet. "Ich habe persönlich viel mitnehmen können" erklärte ein Kollege aus Wiesbaden, während andere aus Thüringen etwa wertvolle Tipps zur Existenzgründung erhielten. Und viele erwähnten auch das Unterhaltsame beim Forum Sprache. Die Begegnung mit Bastian Sick habe bestimmt viele Kollegen für Sprachprobleme sensibilisiert, hieß es. Aber es gab auch im Forum Sport eine interessante Plauderstunde mit Werner Hansch, der von seiner Warte aus die aktuellen Ereignisse im Fußball betrachtete. "Man könnte vielleicht noch mehr Raum für persönliche Kontakte unter Kollegen bieten. Die Pausen waren zu kurz" hieß es in einer anderen Stellungnahme. Sehr hilfreich auch, dass die DJV-Landesverbände mit eigenen Kräften zur Mitgliederbetreuung und Registrierung vertreten waren.
Klar ist: die Verantwortlichen der Landesverbände Bayern, Hessen, Thüringen und Rheinland-Pfalz haben jetzt viel "Stoff" zum Diskutieren und für eine noch bessere Zukunftsplanung.
