Frankfurt am Main
Das alte Frankfurt wird wieder wach - 40 Jahre Pressefotografie Kurt Weiner
Das alte Frankfurt wird wieder wach - 40 Jahre Pressefotografie Kurt Weiner
Fotograf Kurt Weiner im Gespräch.
Fotoausstellung von Kurt Weiner im Seniorenwohnstift. 60.000 Aufnahmen dokumentieren Frankfurts Nachkriegsgeschichte bis 1986 in eindrucksvollen Bildern.
Ein buntes Kaleidoskop aus schwarz-weiß Bildern des Frankfurter Zeitgeschehens der Jahre 1946 bis 1986 ziert zur Zeit eine lange Flucht eines gepflegten Seniorenwohnstifts in der Waldschmidtstraße 66 (Nähe Zoo, gleich links neben dem Mousonturm). Autor der auch international berühmt gewordenen Fotos ist einer der bedeutendsten heute noch lebenden Vertreter der großen Frankfurter Fotografendynastie, der 85-jährige Kurt Weiner.
"40 Jahre Pressefotografie" lautet bescheiden der Titel dieser außergewöhnlich eindringlichen Retrospektive des einstigen Fotografen der Frankfurter Rundschau. Wer sich nur einen Hauch für Frankfurt interessiert, sollte das Stündchen Zeit für die Besichtigung der ausdrucksstarken Bilder, von denen jedes einzelne mehr sagt als die sprichwörtlichen tausend Worte, unbedingt aufbringen.
Für den 23. November hatte der Ortsverband Frankfurt am Main des Deutschen Journalisten Verbandes zu einer gemeinsamen Begehung mit Kurt Weiner geladen. Interessant waren dabei nicht nur die Ausstellung an sich, zu der die Stiftsleitung den Sektempfang gestiftet hatte, sondern auch die Gäste: Ikonen wie Weiners Zeitgenossen Klaus Meier-Ude, Albert Riedhausen und der kleine, aber in seinem Metier große Mickey Bohnacker sowie der ebenfalls weit über Frankfurts Grenzen hinaus bekannte Jan Roewer sorgten im Gespräch mit Kurt Weiner für zusätzliches Flair.
Weiner, heute Mitbewohner des Wohnstifts, wurde 1921 in Danzig geboren. 1946 verschlug es "den eleganten Foto-Kaufmann", wie Helmut Nordmeyer in einer Kurzbiographie schrieb, nach Frankfurt am Main. Hier arbeitete er als Laborant und Verkäufer im renommierten und größten Fachgeschäft der Stadt, Foto-Koch. 1952 gelang es ihm, eine feste Anstellung als Redaktionsfotograf bei der Frankfurter Rundschau zu finden. Von nun an war er fast täglich mit seinen Bildern in der FR vertreten bis er 1986 in den Ruhestand trat. Sein Fotoarchiv, das er an das Institut für Stadtgeschichte abgegeben hat, umfasst etwa 60.000 Aufnahmen aus dem politischen und kulturellen Geschehen in Frankfurt. Es ist eine der wichtigsten Bildquellen zur Frankfurter Stadtgeschichte der letzten Jahrzehnte.
Die Exponate von Kurt Weiner zeigen u. a. beklemmende Fotos der zertrümmerten Altstadt und der Paulskirche aus dem Jahr 1946, das Familienbad am Sachsenhäuser Ufer im Jahr 1947 als man sich noch unbekümmert in den Mainfluten tummeln konnte, eine Catch-Szene aus dem Jahr 1965 als Frankfurt neben Hamburg noch deutsche Catcher-Hochburg war, einen nach einem Konzert völlig erschöpften Louis Armstrong, die wilden Demos im Jahr 1968 mit einem eifrig mitmischenden Daniel Cohn-Bendit. Politgrößen wie die Kanzler Adenauer, Erhard, Brandt, die Frankfurter Bürgermeister Kolb und Möller, Schauspieler wie "Blacky" Fuchsberger und der normannische Kleiderschrank Curd Jürgens sind in seltener Intensität, fast greifbar dargestellt.
Und dann gibt es natürlich noch die Highlights, die weltweit die Runde machten: Rosemarie Nitribit entspannt in ihrer Wohnung am Fenster sitzend, beide Beine auf das Fensterbrett gelegt. Diese Aufnahme machte Weiner kurz vor deren Tod vom Dach der Frankfurter Rundschau aus, von wo er einen schönen Blick auf die gegenüberliegende Wohnung der Nitribit im Tudor-Haus hatte und gerade ein neues Objektiv ausprobierte. Oder das Bild mit dem riesenhaften Polizisten, der den kleinen Fotografen Mickey Bohnacker hochhebt. Und noch einiges mehr, das man sich aber am besten selbst anschaut.
