Bildjournalisten
Lukrative Nische – Fotograf Axel Häsler macht Luftbilder - Faszinierende Fotos aus dem Flugzeug
Axel Häsler, Vorsitzender Jury Pressefoto Hessen des DJV Hessen
DJV-Fotograf Axel Häsler zeigt seine Arbeit als Luftbildfotograf. Eine Reportage über Flugfotografie, Herausforderungen und ungewöhnliche Perspektiven.
Nur wenige Menschen betreten an diesem Morgen die kleine Halle der Motorflugschule Egelsbach. Eine Frau hastet in ein Büro, ein Mann mit Schirmmütze blickt neugierig um sich. Axel Häsler kommt mit einer großen schwarzen Tasche in der Hand. Der Fotograf hat seine Ausrüstung mitgebracht. Er ist hier mit dem Piloten Michael Stefer verabredet. Ein Arbeitstermin, Axel Häsler (Mitglied im DJV Ortsverband Hanau) will Luftbilder machen. Eine Nische, die der Journalist aus Langenselbold für sich entdeckt hat. Heute sind Aufnahmen von Darmstadt geplant. Ich darf dabei zuschauen. Es ist 9.30 Uhr – der Pilot ist pünktlich. Die beiden Männer begrüßen sich freundlich, und wir gehen dann hinaus auf das Rollfeld.
Draußen stehen Kleinflugzeuge und glitzern in der Sonne. Zielsicher läuft der Pilot zu seiner Cessna 172. Er öffnet die Türen, hilft uns in seine Maschine. Ich klettere auf den Rücksitz, Axel setzt sich auf den Pilotensitz. „Denn das Fenster kann nur auf dieser Seite geöffnet werden“, erklärt er. Der Pilot steigt auf der Seite des Copiloten ein. Dass die meisten Instrumente links sind, stört ihn nicht. „Im normalen Arbeitalltag sitze ich auch auf dieser Seite“, sagt der Freizeitflieger, der eigentlich als Copilot bei der Lufthansa arbeitet und große Passagiermaschinen wie Airbus oder Boing fliegt.
Die Ledersitze quietschen ein wenig, als sich Axel Häsler in Position setzt und die Fototasche mit dem Objektiv und der Kamera zwischen seine Füße stellt. „Die Maschine ist noch von 1977“, erzählt der Pilot. „Aber sie muss einmal pro Jahr zum TÜV. Sämtliche relevanten Teile sind schon ausgetauscht, auch der Motor“, sagt er beruhigend. Meine Hände werden trotzdem ein wenig feucht, mein Magen rumort. Ich schnalle den Gurt fester. Dann setzen wir die Kopfhörer auf. „Könnt ihr mich hören?“, fragt Stefer. „Ja.“ Der Propeller springt an, das Flugzeug rollt zur Startbahn. „Vor Halle 6, 1028/540…“, dringt es vom Tower durch den Lautsprecher. Der Rest verhallt im lauten Motorengeräusch. Doch der Pilot hat verstanden. „Wir fliegen über die Nordplatzrunde raus“, gibt er durch. Am Haltepunkt der Startbahn warten drei weitere Maschinen auf ihren Start. Unsere reiht sich in die Warteschlange ein. Dann rollt das Flugzeug los gen Osten, erst langsam, dann immer schneller und schneller – so schlägt auch mein Puls. Dann verlassen die Reifen den Boden. Wir heben ab. 1,1 Tonnen gleiten in die Luft. Es schaukelt. Das Flugzeug neigt sich zur Seite und dreht eine Kurve, nach Norden, dann weiter nach Westen.
Unter uns liegt Langen, die Häuser und Gärten sind gut zu erkennen. Am Horizont und im Dunst zeigt sich schemenhaft die Frankfurter Skyline. Während ich mich langsam an die ungewohnte Höhe von 300 Metern über dem Boden und die Aussicht gewöhne, blickt Axel Häsler gelassen aus dem Fenster. Er kennt den Ausblick. Mindestens einmal im Monat ist er mit Michael Stefer von Egelsbach aus unterwegs. Ein Kontakt, der auf dem Verbandstag in Leipzig im Frühjahr dieses Jahres zustande kam. „Dort habe ich seine Partnerin, ebenfalls eine Journalistin, kennen gelernt. Ich erzählte von meiner Arbeit, und sie stellte den Kontakt zu dem Piloten her.“ Meist fliegt Häsler, der in Langenselbold wohnt, jedoch vom Flugplatz Gelnhausen aus mit. Manchmal sogar mehrmals in der Woche.
Angefangen hat alles auf dem Flugtag in Langenselbold im Jahr 1991. „Damals bin ich zum ersten Mal in einem solchen Flugzeug geflogen und habe für die lokale Zeitung fotografiert.“ Seitdem hat ihn das Flugfieber gepackt. Regelmäßig macht er Luftaufnahmen für Zeitungen, Archive bzw. Fotos für Firmen und besonders Bildbände, etwa über das Rhein-Main-Gebiet oder den Rheingau. Doch nicht nur die nähere Umgebung ist ein bevorzugtes Motiv, wie er berichtet: „Im Herbst kommt ein Band über die bayrischen Alpen und einer von der Eifel heraus. Ein ganz besonderes Erlebnis war der Flug für den Bildband über Oberbayern bis über die Zugspitze. Dort war es dann schon ein paar Grad kälter als beim Einstieg.“
In der Cessna 172 ist es angenehm warm. Wir nehmen Kurs auf Darmstadt. Dort will Axel Häsler heute ein paar Fotos von Sehenswürdigkeiten und einer Klinik machen, die für das Darmstädter Echo interessant sein könnte. Die A5 liegt direkt unter uns wie eine Landebahn. Hunderte winziger Autos schlängeln sich über die Fahrbahnen. Gut zu erkennen auch der riesige Parkplatz und das neue Möbelhaus bei Weiterstadt. Und nicht weit davon ragt das vierarmige Gebäude des Gefängnisses hervor.
Dann kommt die Innenstadt in Sicht. Axel gibt dem Piloten Anweisungen: „Das muss die Klinik sein. Weiter rüber. Bleib mal kurz gerade.“ Er öffnet das Fenster. Ein Luftzug zischt in den Innenraum. Die Zettel meines Blocks beginnen zu flattern, meine Haare ebenfalls. Häsler nimmt die Kamera hoch, hält sie vor das Auge, presst mit der Nase dagegen. Er beugt sich ein Stück aus dem Fenster und drückt mehrfach auf den Auslöser. Dann lehnt er sich wieder zurück. „Es ist gar nicht so einfach, denn man sieht immer nur einen Ausschnitt. Wenn das Flugzeug schräg steht und es unten schüttelt, muss man trotzdem den Fotoapparat gerade halten. Das kann nicht jeder Fotograf“, sagt er. Auch er habe es lernen müssen. „Die Zusammenarbeit zwischen Bauch und Hirn muss erst einmal funktionieren.“ Inzwischen ist Häsler darin Profi – einer der wenigen, die Flugfotografie betreiben.
Die Flüge sind nicht billig, doch für Axel Häsler rechnet es sich. Viele Zeitungen rufen ihn inzwischen schon von alleine an. Dort erhalte er ein Honorar, das im Übrigen nicht viel höher sei als für die normalen Fotos, die er sonst mache, berichtet er. „Die Fotos für die Zeitung alleine würden nicht reichen, doch es geht vor allem um die Folgeaufträge“, erläutert er seine Strategie. Die schönsten Fotos nimmt er für die Bildbände. Die weiteren Fotos brennt er auf CD, „dann rufe ich einfach bei den Lokalzeitungen an, ob sie Fotos für ihr Archiv haben wollen. Das funktioniert meist sehr gut.“ Sooft die Zeitungen dann eines abdruckten, erhalte er auch Honorar. Dazu zählten etwa die Frankfurter Rundschau oder die FAZ, aber auch etwa der Münchner Merkur. Manchmal beauftragten ihn auch Zeitungen. Ebenso sei es bei dpa, die ihn in ihrem digitalen Archiv führten. Hinzu kommen Behörden oder die Industrie. „Wenn Firmen nun diese Fotos in Zeitungen sehen, kann es oft passieren, dass auch sie gerne Abzüge oder gar Poster haben wollen. Das rechnet sich dann schon. Allerdings achtet er genau darauf, den erlaubten gewerblichen Anteil nicht zu überschreiten. „Ich bin in erster Linie Journalist und verdiene 60 Prozent mit dem Tageszeitungsgeschäft. Dazu gehören auch ganz normale Fotos.“
Heute aber sind die Luftbilder das Wichtigste. „Machen wir da bitte noch mal so einen Vollkreisel? Ich wechsle mal das Objektiv“, ruft er dem Piloten zu. Der greift ruhig zum Steuer und dreht noch eine Runde. Danach geht es nach links, über den Luisenplatz und den Herrengarten. Häsler öffnet wieder das Fenster und fotografiert. Unter uns ragt der Hochzeitsturm auf, dann zeigt uns Häsler das Hundertwasserhaus.
„Von Kranichstein hätte ich gerne auch noch ein Foto, geh mal links rein“, gibt Häsler weitere Anweisungen, und der Pilot nimmt Kurs auf das Waldschloss. Wir überfliegen einen See, auf dem Tretboote ruhen. Dann kommt das Schloss in Sicht. Auf der anderen Seite stehen Hochhäuser. Axel fotografiert weiter, öffnet mehrfach das Fenster. Der Pilot nimmt es gelassen: „Das Flugzeug reagiert kaum auf den Luftzug aus dem Fenster.“
Auch Axel Häsler hat sich an die Gegebenheiten gewöhnt. Bisher hat er immer eine gute Ausbeute gehabt. Nur einmal nicht. „Da fiel mir erst nach dem Flug auf, dass eine Schraube im Objektiv blockiert hatte. Dadurch hatte sich eine falsche Entfernung eingestellt. Das waren 400 Mark für den Flug – und kein Bild,“ berichtet er. Meist jedoch rechnet es sich, besonders, wenn wie heute der Pilot zum anteiligen Selbstkostenpreis fliegt, weil es seine eigene Maschine ist. Axel kann verdienen – und der Pilot freut sich, seinem Hobby nachgehen zu können. Spaß macht es beiden: „Ich dachte mir, Sportfotos macht ja jeder, Theaterfotos habe ich auch mal gemacht. Aber das hier macht nicht jeder und es macht Spaß.“ Dazu gehörten besonders solche Augenblicke, wie der Flug über das neue Waldstadion oder jener über die Zugspitze – „mein bisher längster Flug mit über vier Stunden am Stück.“
Einmal in all den Jahren mit rund 40-50 Flugstunden pro Jahr hat er bisher eine Notlandung erlebt: „Das war vor wenigen Wochen auf dem Weg von Koblenz nach Aachen. Da hatte der Pilot zu wenig Treibstoff und wir mussten runter. Zum Glück war ein Feld in der Nähe.“
Auch unser Flugzeug nähert sich jetzt wieder dem Boden. Aber das ist geplant. Die Klappen an den Flügeln neben meinem Fenster drehen sich ein. Immer tiefer sinken wir, bis die Räder die Landebahn berühren. Schade, gerade hatte ich mich an das leichte Schaukeln und die herrliche Aussicht gewöhnt. Es ist 10.30 Uhr, die Flugstunde ist beendet. Axel Häsler packt seine Fototasche. Die Cessna rollt zu ihren wartenden Kolleginnen in die Sonne. Häsler klettert aus dem Flugzeug, nimmt seine Ausrüstung. Ich klettere hinterher. Ein Handschlag zwischen Pilot und Fotograf – bis zum nächsten Fototermin auf dem kleinen Flughafen Egelsbach.
(Eine Reportage für die Mitgliederzeitschrift "im blickpunkt" 03/2004).
Axel Häsler ist Juryvorsitzender unseres Journalistenpreis "Pressefoto Hessen".
Website von Axel Häsler: www.pressedienst-haesler.de
